In einer von Engartner und Schweitzer-Krah durchgeführten Umfrage gaben knapp 43% der fortgeschrittenen VWL-Studierenden an, dass sie von ihrem Studium enttäuscht seien. Grund dafür ist vor allem die Praxisferne des Studiums.[1] Auf der anderen Seite kritisieren Arbeitgeber mangelnde Kompetenzen, wie fehlende Fähigkeit, Forschungsergebnisse zu kommunizieren.[2] Um diesem Mangel zu begegnen und sowohl Promovierenden als auch fortgeschrittenen Masterstudierenden aufzuzeigen, wie sie an der Schnittstelle von Wissenschaft und Politik an der Lösung gesellschaftlicher Probleme mitwirken können, haben wir vom 05. bis 06. September eine Summer School mit dem Titel „Theorie und Praxis ökonomischer Politikberatung“ in Bochum organisiert. Eine solche Summer School, die sich explizit mit dem Thema Politikberatung durch Ökonominnen und Ökonomen befasst, ist bisher ein gewisses Novum.
Mit knapp 30 Teilnehmenden stieß die angebotene Summer School aufgrund ihrer Praxisnähe und Einzigartigkeit auf gro-ßes Interesse unter den Studierenden und den Promovierenden. Nach der Begrüßung durch den Hauptorganisator, Tom Bauermann (Ruhr-Universität Bochum), und den Vorsitzenden des Netzwerkes für ökonomische Bildung und Beratung, Mi-chael Roos (Ruhr-Universität Bochum), begann Letzterer mit einer Einführung in die politische Beratung und theoretischen Reflektionen zur Beratung. Er berichtete, u.a., wie sich Politik und (Wirtschafts-)Wissenschaften gegenseitig beeinflussten und welche normativen Probleme bei der Politikberatung bestünden. Auch die stellv. Vorsitzende, Jutta Günther (Universität Bremen), hielt Vorträge im Rahmen der Summer School. Unter anderem stellte sie die unterschiedlichen Insti-tutionen und Formen der Politikberatung innerhalb der BRD vor. Des Weiteren präsentierte sie zwei Gutachten aus der Be-ratungspraxis und besprach mit den Teilnehmenden deren Inhalte.
Brigitte Young (Universität Münster), die in zahlreichen Gremien und Kommissionen beratend tätig war, sprach über ihre persönlichen Erfahrungen aus der Politikberatung, u.a. aus der Enquête-Kommission „Globalisierung der Weltwirtschaft“. Sie erklärte, dass es neben dem reinen Fachwissen immer gewisser Softskills, wie Kommunikationsfähigkeit, einem gu-ten Netzwerk und eines gewissen Feingefühls bei der Beratung bedürfe. Sie konnte zahlreiche Tipps geben, wie Politikbera-tung gestaltet sein muss, um erfolgreich zu sein und welche Fallstricke bestehen. Ein zweiter Praxisbericht wurde durch Gero Stenke und Verena Eckl gegeben. Sie gewährten Einblicke in die Strukturen und das Tätigkeitsspektrum des Stifter-verbandes für die Deutsche Wissenschaft e.V. an den Schnittstellen zur Politik. Sie erläuterten, wie durch empirische wissen-schaftliche Arbeit, durch Vernetzung und Dialog Nutzen gestiftet können. Neben den Erfahrungsberichten der Politikberater-innen und -berater waren mit Jonathan Grunwald (Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen) und Reinhard Loske (eh. MdB für Bündnis 90/Die Grünen, aktuell Präsident der Cusanus Hochschule) auch zwei Empfänger der Politikberatung zu Gast bei unserer Summer School. Sie berichteten u.a. darüber, wie Politikberatung gehört wird und welche Anforderungen von Seiten der Empfänger gestellt werden.
Im Zuge aller Vorträge kam es zu spannenden Diskussionen darüber, was Politikberatung leisten kann und soll. Teilneh-mende und Vortragende sprachen intensiv darüber, dass Politikberatung nie völlig wertfrei sein könne und immer ein Stück weit von den Anschauungen und Werten des Beratenden beruhen.
Das Netzwerk Ökonomische Bildung und Beratung bedankt sich bei allen Beteiligten für den großen Erfolg dieser Summer School. Wir freuen uns sehr über die zahlreiche Teilnahme und die positive Resonanz von Seiten der Teilnehmenden. Wir freuen uns, die Summer School im Jahr 2020 zu wiederholen.
[1] Engartner, Tim und Eva Schweitzer-Krah, Wie denken Studierende über die Pluralismusdebatte in der Volkswirtschaftslehre?, FGW-Publikation 10, <https://www.fgw-nrw.de/fileadmin/user_upload/Impuls_NOED-10-Engartner-2019_01_24-op-web.pdf>, Stand: 01.08.2019.
[2] Rethinking Economics, Employer’s Report 2018, < http://www.rethinkeconomics.org/wp-content/uploads/2016/09/RE_Research_Report_2018_PROOF.pdf >, Stand: 14.07.2019.